Sonntag, 16. März 2008

 

Endstation Sehnsucht

Am 06.03.2008 habe ich im Renaissance Theater Tenessee Williams Stück "Endstation Sehnsucht" (http://www.getgo.de/gtg-tickets/Event-Tickets-A/ENDSTATION-SEHNSUCHT-RENAISSANCE-THEATER-BERLIN-Tour-Konzert-1.html) gesehen.

Ich habe mich für das Stück entschieden, weil Ben Becker als der "neue Marlon Brando" angepriesen wurde. Aber wie so oft, man darf Kritiken nie trauen sowohl in positiver als in negativer Hinsicht.

Das Stück selbst ist heute so aktuell wie damals. Wenn Tenessee Williams heute in Deutschland leben würde, wäre Stanley bestimmt ein russischer Aussiedler oder ein Türke, Blanche eine gescheiterte Frau aus dem Mittelstand, die Hubbels und Mitch wohl Hartz IV Empfänger. Auch heute wäre der Titel Synonym für die "Endstation Sehnsucht der kleinen Leute".

Ben Becker allerdings hat meines Erachtens nicht dafür gesorgt, dass man Marlon Brando vergisst. Er spielte den Stanley Kowalski als tapsigen, behäbigen Macho, dessen Mimik aber nicht mit der Rolle in Einklang stand. Sein Körper entsprach schon mehr dem alternden Marlon Brando und man kann kaum glauben, dass Stella diesem prolligen Stanley verfallen ist.
Es schien so, als glaube er, dass sein Name allein ausreicht, die Rolle vorwärts zu treiben.

Auch sonst kam das Spiel der Akteure erst nach der Pause in Fluss. Emanuela von Frankenberg als Blanche Dubois war anfangs etwas farblos und man hatte Mühe, ihr die verkrachte Existenz abzunehmen.

Im zweiten Teil steigerte sie sich doch gewaltig und spielte Ben Becker irrsinnig an die Wand.

http://www.welt.de/kultur/article906800/Ben_Becker_zeigt_seinen_Bierbauch._Und_wie.html

Klara

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Samstag, 15. März 2008

 

Lesen und Mahler hören


Angeregt von den vielen Rezensionen von der Leipziger Buchmesse, die man entweder über Kulturradio oder im Fernsehen verfolgen kann, möchte ich mich heute über das Lesen an sich äußern.
Lesen ist für mich ein Eintauchen in eine andere Welt. Am Liebsten lese ich Biografien. Man begibt sich mit den Personen in eine andere Zeit, die einem sonst verborgen geblieben wäre. Man erfährt viel über Menschen und kann Geschichte besser verstehen.
Für mich scheinen die Porträtierten in dem Moment, in dem ich über sie lese, zu leben. Da ich mich meist abends vor dem Einschlafen für eine Stunde in meine Bücher vertiefe, freue ich mich dann schon jeden Abend auf die Begegnung mit ihnen und ihren Zeitgenossen. Es scheint mir so, als kenne ich sie schon lange und gehe zu ihnen zu Besuch.
Ich versuche mich in ihr Leben hinein zu versetzen, überlege was ich an ihrer Stelle getan hätte, denke über deren Haltung nach und versuche alles in Bezug auf die Epoche, in der sie lebten, zu verstehen.
Durch die “Capote-Biografie” von Gerald Clarke (http://de.wikepedia.org/wiki/Truman_Capote) ist mir auch Capotes Roman “Kaltblütig” und sein Erstlingswerk “Sommerdiebe” in die Hände gefallen, und wer kennt nicht den berühmten Film mit Audrey Hepburn “Frühstück bei Tiffanys“.
Vor kurzem habe ich die Biografie “Witwe im Wahn” von Oliver Hilmes über Alma Mahler-Werfel (http://www.netzeitung.de/buecher/biografien/292497.html) gelesen. Das Buch stand auf der Spiegel-Bestseller Liste und beschreibt das Leben der Witwe von Gustav Mahler und Franz Werfel. Zwischenzeitlich war sie auch Frau des Architekten Walter Gropius und Geliebte des Malers Oscar Kokoschka, also eine “Femme Fatale” der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (http://www.alma-mahler.at/deutsch/almas_life.html ). Eine sehr widersprüchliche Frau, aber dennoch ein Leben, das durch ihre Bekanntschaft mit den Prominenten ihrer Zeit, unheimlich spannend ist. Man bewundert sie einerseits und ist auch teilweise abgestoßen von ihrem Antisemitismus, mit dem sie ihren eigenen jüdischen Ehemann quält.
Beim Lesen ist mir dann auch aufgefallen, dass ich noch nie bewusst Musik von Gustav Mahler gehört habe. Also bin ich heute in Schleichers Buchhandlung nach Dahlem gefahren und habe mir Mahlers 6. Sinfonie(http://de.wikepedia.orgwiki/6._Sinfonie_%28Mahler%29) gespielt von den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle in einer Aufführung aus dem Jahr 1987 auf CD gekauft.
Ich habe sie dann gleich zuhause abgespielt und bin begeistert. Nun werde ich sehen, wann es demnächst ein Mahler-Konzert in der Philharmonie oder dem Konzerthaus Berlin gibt.
Die Literatur hat mir in diesem Fall einen weiteren Genuss verschafft, in dem sie mich dazu gebracht hat, mein Wissen zu klassischer Musik zu erweitern.
Klara

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Dienstag, 4. März 2008

 

Alt wie ein Baum

Heute war in der Berliner Zeitung ein Artikel von Regine Sylvester über eine Hundertjährige, Rosl Persson. Das Bild in der Mitte des Textes zeigt eine Frau mit wachem Blick. Die alten Hände sind vom Leben gezeichnet.
Das war seit langem mal wieder ein Beitrag, der dazu zwingt, die eigene Sicht auf die vielen Unzulänglichkeiten des Lebens zu relativieren.
Rosl wohnt in Berlin Neukölln, also in einem der schlimmsten Bezirke Berlins. Sie wohnt in der 5. Etage eines Hauses am Weigandufer, ohne Fahrstuhl, und sie kann diese Treppen auch noch mit ihren hundert Jahren erklimmen. Sie hat’s im Blut, denn noch mit 86 Jahren ist sie auf einen “Viertausender” geklettert, schreibt Regine Sylvester. Auch schreibt sie: “Wer Rosl Persson besucht kann etwas über das Glück lernen.”
Frau Person ist körperlich und geistig fit. Als Rente erhält sie die Grundsicherung, aber sie sagt: “Geldmangel habe ich nie gespürt. Meine Ansprüche waren nicht derart. Ich habe immer mehr auf meinen Körper geachtet als auf Kleider.”
Sie war oft verliebt und vertritt eine erstaunlich sexuelle Offenheit für ihre Generation. “Aber weil ich gesehen habe, wie viele Arbeiterfrauen bei Abtreibungen das Leben verloren, weil ich das ganze Elend erlebte, ließ ich mir ein Verhütungsmittel einsetzen”, so äußert sich Rosl. Mehr kann man in der Online-Ausgabe der Berliner Zeitung
https://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/seite_3/730336.html
lesen.
Mir fällt da ein, Dr. Wolfgang Böhmer, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sollte sich vielleicht mal mit einer Hundertjährigen unterhalten, damit er solche Fettnäpfe und irrigen Ansichten, dass die Abtreibungsgesetzgebung in der DDR Ursache für die häufigen Kindstötungen im Osten Deutschlands sein könnten, künftig vermeidet.
Auch empfehlenswert für Herrn Böhmer ist der Roman “Gottes Werk und Teufels Beitrag” von John Irving. Hier besonders bemerkenswert, dass ein Mann einen Roman über das heikle Thema der Abtreibungen schreibt und das in Amerika.
Dem Buch vorangestellt ist ein Zitat von Charlotte Bronte aus dem Jahre 1847:
“Festhalten am Herkömmlichen ist nicht sittliches Verhalten. Selbstgerechtigkeit ist nicht Frömmigkeit. Ersteres schmähen heißt nicht letztere anfechten.”
Ich selbst bin Gott sei Dank nie in diese Situation gekommen, aber ich weiß, dass einige meiner Klassenkameradinnen, bevor 1972 das Abtreibungsgesetz beschlossen wurde, illegale Abtreibungen gemacht haben, die sie unter Umständen mit ihrem Leben bezahlt hätten oder mit dem Risiko, nie wieder Kinder zu bekommen.
Das Abtreibungsgesetz diente auch nicht einem leichtfertigen Umgang mit ungeborenem Leben oder war Mittel der Familienplanung, denn in der DDR gab es ja dann auch mit Einführung der Pille die Schwangerschaftsverhütung umsonst. Eine Abtreibung ist immer ein schwerwiegender Eingriff in das Leben der Frau und auch immer eine moralische Hürde. Mir ist keine Frau bekannt, die eine Abtreibung als Sonntagsspaziergang abgetan hätte.
Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Kindern hat immer auch etwas mit dem Bildungsstand der Mütter und Väter zu tun, mit ihrem sozialen Umfeld. Kindermorde oder Gewalttaten gegen Kinder passieren meist in den Unterschichten, dort also wo Bildungsnotstand und Armut herrscht.
Die Gesellschaft tut nichts dazu, um das zu verändern, sondern im Gegenteil. Herr Böhmer sollte sich mal ansehen, wie die Unterschichten, mit ein paar Euro gelockt, ihr ganzes Leben vor dem Bildschirm präsentieren. Da werden Familienduelle ausgetragen, Schwangerschaftstests öffentlich ausgewertet und das Sexualleben ausgebreitet. Vielleicht bringen die Fernsehmacher demnächst eine Show mit dem Titel “Ich bin schwanger, wohin nun mit dem Kind?”
In einer Gesellschaft in der tagtäglich die Unsicherheit wächst, in einem Land wo fast jeden Tag Busfahrer angegriffen werden, Menschen wegen nichts oder wegen ihrer Hautfarbe geschlagen oder umgebracht werden, man auf dem Weg zur S- oder U-Bahn an Drogendealern oder Junkies vorbei muss, da kann es schon möglich sein, dass die verzweifelte arbeitslose Schwangere, die keinen Ansprechpartner mehr findet, nicht mehr weiß, was sie tut, wenn sie ihr Baby tötet.
Klara

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