Samstag, 26. März 2011

 

Einfach kompliziert

Nichts ist mehr kompliziert, wenn man Gert Voss(http://www.gert-voss.at/) auf der Bühne erlebt hat. Er ist einfach grandios und hat eine enorme Bühnenpräsenz. Ich habe ihn gestern im Thomas Bernhard Stück "Einfach kompliziert" im Berliner Ensemble (http://www.berliner-ensemble.de/repertoire/titel/65/einfach_kompliziert) erlebt.
Da ich ja im Osten aufgewachsen bin, kannte ich seinen Namen nur aus der Peymann Biografie von Roland Koberg. Ich wusste also, dass Thomas Bernhard ein Theaterstück geschrieben hat, das "Ritter, Dene, Voss" hieß, weil er keinen anderen Schauspielern  zutraute, dieses Stück spielen zu können. Bernhard sprach von "intelligenten" Schauspielern, die sein Stück spielen müssten und so ist es auch geschehen.

Gert Voss ist einer dieser intelligenten Schauspieler. Peymann hat dem fast 70. jährigen Voss eine Gelegenheit gegeben, erneut seine große Schauspielkunst zu zeigen. Der Bühnenraum ist spärlich mit Bett, Tisch, Kühlschrank und ein paar Stühlen bestückt, aber Gert Voss füllt ihn aus. Wenn er spricht, dann lebt die Bühne. Seine Stimme hat eine ungeheure Kraft.
Man kann Peymann vorwerfen, dass er "altes" Theater macht und einige Kritiker behaupten, dass er "Einfach kompliziert" hätte ruhen lassen sollen oder Bernhards Botschaft heutiger inszenieren müssen. 

Was meinen sie jedoch? Ein alter Mann bleibt ein alter Mann und ein alter Schauspieler ist ein "besonderer" alter Mann. So wie in Bernhards Stück geht es heute vielen alten Leuten. Sie werden nicht mehr gebraucht und versuchen doch weiter Kämpfer und Überlebenskünstler zu sein.

"Das Wort Kapitulation nie ausgesprochen nie aufgeben. Auf in den Kampf." (Erste Szene "Einfach kompliziert")

Vielleicht haben sie Thomas Bernhard auch nicht verstanden. Joachim Fuchsberger hat ein Buch geschrieben "Altwerden ist nichts für Feiglinge" und das zeigt Bernhard auch in seinem Stück. Es wird sich auch nicht ändern, wenn die Menschen heute älter werden. Altwerden heisst immer mit sich selbst und mit der Umwelt kämpfen.

Bernhard lässt seinen alternden Schauspieler sagen:"Wenn wir nicht einmal imstande sind ohne Angst haben zu müssen dass uns der Schlag trifft einen Nagel einzuschlagen." Etwas ganz Läppisches wird zum Problem.
Für mich war das Bernhard Stück und auch die Peymannsche Inszenierung sehr heutig. Ich muss nicht unbedingt alles bis zur Unkenntlichkeit verfremdet haben und ein nackter Arsch, der von der Bühne glänzt, gibt mir auch keine erhellendere Erkenntnis. Modernität muss nicht zwangsläufig besser heißen.

Das Publikum muss es wohl auch so gesehen haben, denn es gab viel Applaus und viele Bravos. Für mich war es ein Abend, der mich wieder einmal begeistert hat!

Die wichtigsten Sequenzen des Stückes für mich:

"Wir sagen wir brauchen die Menschen nicht                                
das ist doch nicht wahr                                                                  
dass du die Menschen nicht brauchst                                             
Lebenslust das ist es                                                                      
ich habe sie immer gehabt
Neugierde unausgesetzte
Neugierde unausgesetzte
Die unausgesetzte Lebenslust
selbst bei trübem Wetter."

"Das Unglück kommt daher
dass sie nicht mehr denken
Denken verlernt
das ist es"

(alles aus dritter Szene "Einfach kompliziert")

Also weiter Lebenslust und Neugierde haben und Denken, Denken, Denken!!!
Klara

This page is powered by Blogger. Isn't yours?

Abonnieren Posts [Atom]